Bericht Erasmus+ Helsinki/Tallinn (14.-20.05.)
Im Rahmen unseres Erasmus-Programms habe ich mich auf die Reise nach Helsinki (Finnland) und Tallinn (Estland) begeben. Bei der Auswahl des Reiseziels war mir wichtig, dass auch ein Besuch an einer Schule möglich ist, um den Schulalltag in einem anderen Land hautnah miterleben zu können. Finnland bot sich an, da das finnische Schulsystem für seine hervorragenden Ergebnisse bei den PISA-Studien bekannt ist. Estland ist neben den guten Ergebnissen in den PISA-Studien als Leuchtturm der Digitalisierung in Europa bekannt.
Unter dem Titel „We are all special: Inclusion and Support for students with special needs in the Finnish Education System“ fand ein siebentägiges Programm statt, welches zunächst mit einer Stadtführung in Helsinki startete. So konnten wir sowohl die Stadt als auch die anderen Kursteilnehmerinnen und Kursteilnehmer aus den verschiedenen europäischen Ländern kennenlernen. Am nächsten Tag begrüßte unser „Teamleader“ Arne uns zu einem Vortrag über das finnische Schulsystem. Interessant dabei waren die Unterschiede zum hamburgischen Schulsystem: so gibt es beispielsweise keine Schulinspektion, wenig standardisierte Tests, keine Noten bis die Kinder 12 Jahre sind und längeres, gemeinsames Lernen über die 4. Klasse hinaus. Die Kinder werden mit 6,5 bis 7,5 Jahren auch später eingeschult. Insgesamt kann man dies mit zwei Schlagwörtern zusammenfassen „Trust“ und „Less is more“. Politik, Gesellschaft und Eltern vertrauen den Schulen, dass sie gute Arbeit leisten, sodass Überprüfungen oder Inspektionen für sie nicht so notwendig erscheinen. Gleichzeitig ist das finnische Schulsystem durch die spätere Einschulung und den reduzierten Leistungsgedanken deutlich entschleunigt. Am Nachmittag hatten wir dann viel Zeit uns in buntgemischten Gruppen über unterschiedliche Herausforderungen des Schulalltages auszutauschen. Ich konnte dabei feststellen, dass auch in anderen Ländern Themen wie Lehrermangel, Inklusion, Sprachbarrieren und herausforderndes Verhalten der Schülerschaft sehr präsent sind. Als sehr bereichernd habe ich außerdem den Austausch mit Lehrern aus unterschiedlichen Schulformen erlebt.
In den kommenden Tagen wurden uns dann weitere Vorträge angeboten und zwei Besuche an „Mattliden Skola“ und „Juvanpuisto Koulu“ in Espoo. Hier konnten wir uns einen Eindruck vom Schulalltag von zwei finnischen Schulen machen, wobei die „Mattliden Skola“ eine schwedischsprachige Schule war. Sehr interessant war für mich wieder die Beobachtung, dass das finnische Schulsystem viel entschleunigter wirkte und Lehrerschaft und Schülerschaft gelassener wirkte. Auch der Umgang sowohl miteinander als auch untereinander war stets respektvoll und auf Augenhöhe. Gleichzeitig sind aber gewisse Herausforderung wie die Integration von Kindern mit anderen Herkunftssprachen bisher noch nicht so stark ausgeprägt wie beispielsweise in Deutschland.
Nach einem Besuch im „Nuuksio Nationalpark“ ging es dann mit der Fähre nach Tallinn für zwei Tage. Auch dort besuchten wir wieder zwei Schulen; wovon eine Schule eine russischsprachige Schule war. Hier konnten wir einige Gemeinsamkeiten zum finnischen Schulsystem beobachten, aber auch Ähnlichkeiten zum Schulsystem in Hamburg. Der Aspekt „Digitalisierung“ wurde nur am Rande thematisiert. Das Programm endete mit einer Stadtführung durch die sehr gut erhaltene, ehemalige Hansestadt Tallinn.
Insgesamt war das Programm sehr gut organisiert und bot viele Möglichkeiten zum Austausch mit unterschiedlichen Menschen. Den Besuch an vier Schulen habe ich als sehr bereichernd empfunden. In den vielen interessanten Gesprächen und Beobachtungen konnte ich wertvolle Erfahrungen sammeln. Gleichzeitig wurde ausreichend Zeit zum Kennenlernen der Kultur und den informellen Austausch geboten. Lediglich der Aspekt „Inklusion“ kam etwas zu kurz, welches aber den Erfolg der Reise für mich nicht schmälert.
(Christoph Lüdemann, Klassenlehrer der Klasse 1a)